CHINA: PEN verlangt neuerlich Informationen über den Gesundheitszustand des bedeutendsten uigurischen Schriftstellers Nurmuhemmet Yasin und fordert seine Freilassung

9. Jänner  2013

RAN 01/13

Bearbeitung und Übersetzung: Jürgen Strasser

Das Writers in Prison Committee (WiPC) von PEN International wiederholt sein dringendes Ersuchen um Informationen über den Gesundheitszustand des inhaftierten Schriftstellers Nurmuhemmet YASIN, infolge bislang unbestätigter und widersprüchlicher Meldungen, wonach er 2010 im Gefängnis verstorben sei. Yasin wurde im November 2004 wegen „Anstiftung zum Separatismus“ in seinem Text Yawa Kepter (Wilde Taube) zu 10 Jahren Haft verurteilt. PEN ist der Ansicht, dass Yasins Inhaftierung eine Verletzung von Artikel 35 der Verfassung der Volksrepublik China und eine Verletzung von Artikel 19 des Internationalen Pakts über Bürgerliche und Politische Rechte, den die Volksrepublik China unterzeichnet hat, darstellt und fordert die unverzügliche und vorbehaltlose Freilassung Yasins.

Laut dem PEN vorliegenden Informationen wurden kürzlich seit 2010 kursierende, unbestätigte Meldungen, wonach Nurmuhemmet Yasin in Haft verstorben sei, von einer Familienangehörigen in Abrede gestellt. Sie gibt an, Yasin im Juli 2012 im Gefängnis Nummer 1 in Urumtschi besucht und ihn bei einigermaßen guter Gesundheit vorgefunden zu haben. Sie berichtet weiters, im Oktober 2012 einen Brief von ihm erhalten zu haben, den sie für authentisch hält. Yasin hatte die meiste Zeit seines bislang achtjährigen Gefängnisaufenthaltes in Isolationshaft ohne Besuchserlaubnis für Familienangehörige verbracht, was Spekulationen über seinen Gesundheitszustand und sein mögliches Ableben genährt hatte. Yasins Gattin und zwei seiner Kinder wurde Berichten zufolge gestattet, ihn am 16. Jänner 2013 im Gefängnis zu besuchen. Trotz mehrfacher Nachfragen um Informationen über Yasins Gesundheitszustand haben die chinesischen Regierungsbehörden sich bis dato nicht dazu geäußert.

Nurmuhemmet Yasin  (39) wurde am 29. November 2004 in Kaschgar festgenommen, nachdem sein Buch in einer uigurischsprachigen örtlichen Literaturzeitschrift veröffentlicht worden war. Die Behörden beschlagnahmten auch seinen PC, auf dem sich geschätzte 1.600 Gedichte, Kommentare, Erzählungen und ein unvollendeter Roman befinden. Nach einem Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Februar 2005, bei dem ihm kein Anwalt zugebilligt wurde,  wurde Yasin durch das Landgericht von Maralbesch wegen „Anstiftung zu uigurischem Separatismus“ zu 10 Jahren Haft verurteilt. Im Berufungsverfahren wurde das Urteil vom Mittleren Volksgericht in Kaschgar bestätigt. Am 19. Mai 2005 wurde Yasin ins Gefängnis Nummer 1 in Urumtschi verlegt, wo er wahrscheinlich weiterhin inhaftiert ist.

Die inkriminierte Geschichte ist die Ich-Erzählung einer jungen Taube, die, während sie auf die Suche nach einem neuen Zuhause für ihre Angehörigen ausfliegt, von Menschen gefangen und in einem Käfig gefangen wird. Anstatt ihre Freiheit zu opfern, begeht sie Selbstmord, indem sie eine giftige Beere schluckt.

Yasins Geschichte fand breites Echo und erregte auch die Aufmerksamkeit der chinesischen Behörden, die den Text als versteckte Kritik an der chinesischen Regierungspolitik in der autonomen uigurischen Region Xinjiang ansahen.

Die Geschichte wurde unter dem Titel Wild Pigeon von Dolkun Kamberi, dem Direktor der uigurischsprachigen Abteilung von Radio Free Asia ins Englische und Chinesische übersetzt und von Sarah Jackson-Han und Luisetta Mudie für den Hörfunk adaptiert. Die englische Version ist unter folgenden Links abrufbar: http://www.rfa.org/english/uyghur/2005/06/27/wild_pigeon/

http://www.rfa.org/english/uyghur/2005/06/27/wild_pigeon2/

Bitte senden Sie Appellschreiben zur Bekanntgabe von Informationen über den Gesundheitszustand Nurmuhemmet Yasins und zu seiner Freilassung an:

S.E. Hu Jintao
President of the People’s Republic of China
State Council
Beijing 100032
P.R. China

Bitte beachten Sie, dass für chinesische Behörden keine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme via  Fax- oder E-Mail besteht.

Bitte senden Sie auch Kopien Ihrer Schreiben an die chinesische Botschaft in Ihrem Land.

Für Österreich: Botschaft der Volksrepublik China, S.E. Herr Botschafter Bin ZHAO, Metternichgasse 4, 1030 Wien

**Bitte kontaktieren Sie das WiPC von PEN International, wenn Sie Appelle nach dem 31. Jänner 2013 schicken**

Für weitere Informationen (in Englisch)kontaktieren Sie bitte Frau Cathy McCann, t International PEN Writers in Prison Committee, Brownlow House, 50/51 High Holborn, London WC1V 6ER, Tel.+ 44 (0) 20 7405 0338, Fax: +44 (0) 20 7405 0339, email: cathy.mccann@pen-international.org

Literaturhinweis: Der Österreichische P.E.N. hat den Text des Autors in deutscher Übersetzung in folgender Anthologie veröffentlicht:

 Mauern des Schweigens

Nurmuhemmet Yasin: „Die wilde Taube“. In: Die Mauern des Schweigens überwinden. Anthologie verfolgter Autorinnen und Autoren. (Helmuth A. Niederle, Hg.), Wien: Löcker Verlag, 2009.

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